Der Bekleidungsfilialist Orsay hat sein stationäres Angebot in einigen Test-Filialen mit „Guided Selling“ über Digital Signage virtuell verlängert. Ab sofort kann auch auf Ware aus anderen Filialen und aus dem Onlineshop zugegriffen werden. Die bisherigen Erfahrungen sind positiv. Der Rollout ist in Planung.
Nicht jedes Unternehmen mit stationären Wurzeln kann und will sich binnen Kurzem zum perfekten Omnichannel-Anbieter wandeln. „Die organisatorischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen“, so Dirk Frintrop, Vorstand Bütema, Bietigheim-Bissingen, ein Anbieter mobiler IT-Lösungen für den Handel. Allerdings gebe es einen intelligenten Zwischenschritt, der kurzfristig und in einem breiten Markt realisierbar sei. Dazu gehören Apps auf mobilen Endgeräten, mit deren Hilfe die Mitarbeiter dem Kunden Zusatzinformationen oder ergänzende Produkte wie Accessoires präsentieren können. „Guided Selling“ sei keine Spielerei, sondern der Aufbruch in neue, mobile, vernetzte und kanalübergreifende (Kommunikations-) Welten.
Mittels Apps auf mobilen Endgeräten lassen sich vor allem Bestandsauskünfte abfragen – auch von anderen Filialen oder aus dem Onlineshop. Zudem kann die Ware von dort per Mobile Device angefordert werden. Damit werden Umsätze möglich, die ohne diese Art von Informationen nicht möglich sind. „Diese Loslösung des Beratungsprozesses von den Beständen des jeweiligen Stores ist letztlich eine virtuelle Verlängerung der Regalfläche und bringt nach den bisherigen Erfahrungen ein dauerhaftes Umsatzplus von zwei bis drei Prozent“, berichtet der Experte.
Regalflächen virtuell verlängern
In Handelsunternehmen, die bereits stationär und online agieren, können entsprechende mobile IT-Lösungen auch die Funktionen „Click & Collect“ oder „Return to Retail“ unterstützen. Gemeint sind das Abholen bzw. die Retoure online bestellter Ware im Store. Frintrop: „Der persönliche Kontakt, der dabei entsteht, kann für ein weiteres Verkaufsgespräch genutzt werden.“
Die bei Orsay eingesetzte Guided Selling-Lösung ermöglicht es, alle Informationen lese- und nutzerfreundlich unabhängig von der Geräteklasse der mobilen Endgeräte (Tablet, Infoterminal etc.) darzustellen. Ein weiteres Marktsegment mit Zukunftspotenzial ist für Bütema Digital Signage. Für kleinere und mittlere Unternehmen wurde eine Software entwickelt, die ohne externe Mediaplayer oder Filialserver auskommt. Die Erstellung von Inhalten soll besonders einfach sein.
Clou ist jedoch die Möglichkeit, Guided Selling und Digital Signage-Inhalte während eines Verkaufsgesprächs miteinander zu verknüpfen. So können die Mitarbeiter über ihr mobiles Endgerät wie Smartphone oder Tablet Informationen auf einem Bildschirm am Point of Sale aufrufen. „Dabei kann es sich beispielsweise um ein Video handeln, das passend zum Produkt, über das gerade gesprochen wird, ein emotionales Thema liefert“, erklärt der Bütema-Chef. Aber auch Produkt- und Verfügbarkeitsinformationen lassen sich auf dem Monitor zeigen. Medieninhalte, die ausverkaufte Ware betreffen, können unterbunden werden.
Zu den Pionieren, die die Vorteile der Verbindung von Guided Selling und Digital Signage nutzen, gehört der Fashion-Filialist Orsay aus Willstätt. Das Unternehmen mit rd. 630 Geschäften in 26 Ländern hat sich auf Fast Fashion spezialisiert und experimentiert seit 2014 in 4 Stores (Köln, Sindelfingen, Offenburg, Sulzbach) mit der beschriebenen IT -Lösung.
Dabei sind die Mitarbeiter mit Smartphones ausgestattet, die den Barcode eines Artikels abfotografieren können. Während eines Verkaufsgesprächs lassen sich so die Bestände in der jeweiligen Filiale, in nahegelegenen Orsay-Stores oder im Onlineshop abfragen. Aktuell arbeitet man bei Orsay mit tagesgenauen Beständen. Künftig sollen die Bestandszahlen in Echtzeit verfügbar sein.
Test in vier Filialen
„Wir haben auch den Einsatz von Tablets als mobile Endgeräte im Store diskutiert. Allerdings sind diese bei Nebentätigkeiten eher störend. Ein Mobiltelefon lässt sich dagegen am Körper oder in der Hosentasche problemlos tragen“, berichtet Daniel Wenzel, verantwortlich für den Bereich Business Developement bei Orsay.
Die Mitarbeiter im Verkauf können mit dem Mobiltelefon den Bildschirm ansteuern und dort nicht nur einen bestimmten Artikel, sondern auch Kombinationsmöglichkeiten zeigen und auf diese Weise Zusatzverkäufe initiieren. „Wir haben die Bildschirme in Quer und Hochformat getestet. Unser Eindruck ist, dass das Hochformat für die Kommunikation von Themen rund um Mode besser geeignet ist“, so Wenzel weiter.
Wird die Digital Signage-Lösung während eines Verkaufsgesprächs genutzt, kommt das gleiche Bildmaterial zum Einsatz, das auch für den Onlineshop benutzt wird. Auf den mobilen Geräten sind Brand Visuals nur von solchen Produkten zu sehen, die auch physisch in der Filiale vorhanden sind. Auch Aktionen werden über die Bildschirme kommuniziert sowie Werbung für den Onlineshop und besondere Services.
Die Rückmeldung von Kunden und Mitarbeitern sei positiv. Insbesondere beim Verkauf vergleichsweise hochpreisiger Artikel sei die Anwendung hilfreich. Vor allem aber ermögliche der Einsatz dieser Technologie den Verkauf von Ware, die physisch in der jeweiligen Filiale nicht vorhanden ist.